Warum Handeln nötig ist
Die Schweiz verfügt heute über eines der stabilsten Stromnetze der Welt. Doch Stabilität ist kein Naturgesetz, sondern das Resultat funktionierender internationaler Zusammenarbeit. Mit 41 grenzüberschreitenden Leitungen ist das Schweizer Stromnetz integraler Bestandteil des europäischen Verbundnetzes, das über 30 Länder verbindet und die Stromversorgung für über 500 Millionen Menschen sicherstellt. Diese Einbindung trägt wesentlich zur Stabilität des Schweizer Stromnetzes bei. Vereinfacht gesagt: Je grösser der Verbund, desto stabiler das Gesamtsystem. Kraftwerksausfälle oder Schwankungen können in einer grossen Gemeinschaft leichter bewältigt werden.
Während die EU einheitliche Regeln festgeschrieben und laufend weiterentwickelt hat und so den Strombinnenmarkt seit Jahren mit Hochdruck vorantreibt, verhandelt die Schweiz mit Unterbrüchen seit nunmehr siebzehn Jahren über ein Stromabkommen mit der EU und wird immer mehr ausgeschlossen. Eine Lösung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU im Strombereich ist längst überfällig. Und so nah dran wie jetzt waren wir noch nie.


Risiken ohne Stromabkommen mit der EU
Ohne vertraglich geregelten Zugang zum EU-Binnenmarkt für Strom drohen mittelfristig erhebliche Nachteile für die Schweiz. Denn bei einem Nein zum Stromabkommen wird es den heutigen Status Quo nicht länger geben. Die Basis für die heutige Zusammenarbeit mit der EU im Strombereich würde wegfallen. Es würde eine neue Ära beginnen. Die damit einhergehenden Risiken sind vielfältiger Natur:
- Gefährdung der Versorgungssicherheit: Ohne völkerrechtlich abgesicherte Grenzkapazitäten ist nicht garantiert, dass im Winter genügend Strom in die Schweiz importiert werden kann. Das Risiko von Engpässen steigt.
- Hohe Zusatzkosten für Reservekraftwerke: Laut Ecoplan-Studie, die im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE gemacht wurde, müssten in der Schweiz ohne Stromabkommen bis 2050 zusätzliche fossile Reservekraftwerke im Umfang von rund 25 Milliarden Franken gebaut werden, um die Versorgung im Winter zu sichern.
- Steigende Netzbelastung: Ungeplante Stromflüsse nehmen zu und Swissgrid muss immer häufiger stabilisierend eingreifen. Das ist mit hohen Kosten verbunden, welche letztendlich die Stromkonsumentinnen und Stromkonsumenten tragen müssen.
- Eingeschränkter Marktzugang: Ohne Stromabkommen hätten die Schweizer Strommarktakteure weiterhin nur einen eingeschränkten Zugang zu den europäischen Strommärkten. Insbesondere der Intraday-Markt, sozusagen die Last-Minute-Börse für Strom, ist von grosser Bedeutung für die Integration erneuerbarer Energien.
- Politische Isolation: Die Schweiz wäre systemisch immer noch Teil des europäischen Verbundnetzes, hätte aber kein Mitspracherecht bei den Regeln und Entwicklungen. Wir sitzen dann sozusagen zwar noch im Zug, dürfen aber nicht mitreden, wenn es um den Fahrplan und die Weichenstellung geht.
Politische Verantwortung
Ohne Stromabkommen droht die Schweiz bei der Gestaltung des europäischen Stromsystems Zuschauerin zu werden, statt Mitgestalterin zu sein. Für ein Land im Herzen Europas, das im Winter auf Importe und vornehmlich im Sommer auf Exportmöglichkeiten angewiesen ist, kann das keine Option sein. Die Energiewende ist ein Generationenprojekt, das wir nur gemeinsam erfolgreich umsetzen können. Ohne das Stromabkommen mit der EU riskieren wir Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und die erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien.
Deshalb ist für die BKW klar: Es ist Zeit, die politische Verantwortung wahrzunehmen und im Interesse der Gemeinschaft zu handeln. Das Stromabkommen ist kein Nice-to-have, sondern ein strategischer Imperativ.

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